Neue CD: Georg Friedrich Händel  Orgelkonzerte op. 4

G. F. Händel, bearbeitet von Samuel de Lange
Orgelkonzerte op. 4
Rezension von Eberhard Klotz in "Organ"-Journal für die Orgel 1/2016


2 CDs
MDG 317 1929-2

ab und auf
Georg Friedrich Händels Erfolge und Niederlagen als
freier Unternehmer im merkantilistischen London sind
legendär. Dass der ruinöse Wettbewerb mit seinem
Kollegen Porpora direkte künstlerische Folgen hatte,
lässt sich an Händels Opern und Oratorien
aufschlussreich ablesen. So verfiel er auf die geniale
Idee, seinem Publikum zur Unterhaltung in den
Pausen Konzerte auf der Orgel zu präsentieren – mit
durchschlagendem Erfolg. Selbst Porporas
starbesetztes Sängerensemble mit dem berühmten
Farinelli als zugkräftigem Aushängeschild konnte da
nicht mehr mithalten: Nach vier Spielzeiten räumten
die Italiener das Feld. Die Orgelkonzerte inspirierten
spätere Generationen zu fantasievollen Bearbeitungen;
was der heute völlig zu Unrecht vergessene
Samuel de Lange knapp anderthalb Jahrhunderte
später aus der Vorlage machte, bringt Rudolf Innig auf
der historischen Furtwängler & Hammer-Orgel zu
Lüneburg nun erstmals audiophil zu Gehör.


hin und weg
Händels Notentext ist in de Langes Bearbeitung
unverändert erhalten. Allerdings erlaubt sich der
niederländische Klavier- und Orgelvirtuose etliches an
Hinzufügungen: Da gibt es allerhand an Neben- und
Gegenstimmen, harmonische Erweiterungen und
virtuose Zutaten; aus Händels zumeist zweistimmigem
Orgelpart wird ein vollgriffiger Klaviersatz,
und etliche freie Kadenzen lassen dem Solisten Raum
für gestalterische Freiheiten.


allein gegen alle
Welch großen Respekt de Lange der meisterhaften
Vorlage entgegenbrachte, lässt sich schon im
Notenbild ablesen: Akribisch notiert er, wann im
Original die Orgel und wann das Orchester zu spielen
hat. Auf einem dreimanualigen Instrument, wie es de
Lange in Rotterdam zur Verfügung stand, kann der
Organist damit eine echtes „Konzert“ erzeugen – mit
Solo und Tutti im Wechsel, wie es schon Händel
praktiziert hatte.


Hammer und Brille
Rudolf Innig, Spezialist für das Besondere, hat sich
für de Langes Händel-Transkriptionen die 1899
erbaute Furtwängler & Hammer-Orgel der St. Nicolai-
Kirche zu Lüneburg ausgesucht. Mit seinen 50
Registern auf drei Manualen dürfte es perfekt de
Langes Vorstellungen entsprechen. Fazit: Selten hat
man die Gelegenheit, so kenntnisreich geführt mit der
Brille des 19. ins 18. Jahrhundert zu blicken: Ein
doppelt historisches Vergnügen!


J. Rheinberger: Sämtliche Orgelwerke
Rudolf Innig
MDG 317 1864-2 (Box mit 12 CDs)
F. Mendelssohn: Sämtliche Orgelwerke
Rudolf Innig, Klais-Orgel St. Stephanus, Beckum
MDG 317 0487-2 (Box mit 4 CDs)

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