lexikon orgel

Lexikon Orgel
Laaber–Verlag,
2007

Lexikon der Orgel: Polen, Nowowiejski (2007)

 

Auszüge aus dem Artikel Polen

Als eine Folge der Teilung Europas nach dem Zweiten Weltkrieg durch den „Eisernen Vorhang“ ist die Orgelmusik aus polen und anderen osteuropäischen Ländern im ehemaligen Westen weitgehend unbekannt geblieben. Das gilt nicht nur für den „Chopin der Orgel“, wie Felix Nowowiejski in Polen bezeichnet wird, einen Komponisten und Orgelvirtuosen, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts in ganz Europa bekannt war und dessen Werke in den Zentren des Musiklebens gedruckt und aufgeführt wurden.

Eine international zugängliche Edition seiner neun Orgelsymphonien op. 45 würde etwa zu der allgemeinen Erkenntnis führen, dass es bedeutende Werke dieser Gattung in der Spätromantik nicht nur in Frankreich, sondern auch in Polen gibt. Ebenso sind viele andere polnische Orgelkompositionen aus allen Epochen bis in die Gegenwart hinein nicht oder nur unvollständig, mitunter auch unzulänglich veröffentlicht worden. Es ist zu hoffen, dass die hier beschriebene Musik in nicht ferner Zukunft in zuverlässigen Ausgaben, begleitet von gesicherten Werkverzeichnissen und mehrsprachigen Biographien, vorliegen wird.  (Rudolf Innig)

Auszüge aus dem Artikel Felix Nowowiejski

Felix Nowowiejski studierte am Sternschen Konservatorium in Berlin und besuchte nach weiteren kurzen Studienaufenthalten bei Antonín Dvorák in Prag und an der Kirchenmusikschule in Regensburg 1900-1906 die Meisterklasse für Komposition bei Max Bruch in Berlin. In dieser Zeit übte er auch eine Tätigkeit als Organist und Chorleiter an der St.-Hedwigs-Kathedrale aus. 1919–1927 war Nowowiejski Professor für Orgel an der Staatlichen Akademie für Musik in Poznan (Posen). Er setzte sich sehr vielfältig für das Musikleben seines Landes ein und galt als der beste polnische Orgelvirtuose und Improvisator, der die Literatur seines Instrumentes und seine eigenen Kompositionen durch zahlreiche Konzerte und Rundfunkaufnahmen bekannt machte.
Im Zentrum seines Orgelschaffens stehen die neun Orgelsymphonien op. 45, die Nowowiejski als sein »musikalisches Testament« bezeichnete. Den Begriff »Orgelsymphonien« dürfte er aus seiner Kenntnis der entsprechenden Werke von Charles-Marie Widor übernommen haben, die er vermutlich bei seinen Aufenthalten in Paris zwischen 1902 und 1904 kennengelernt hatte. Dafür sprechen auch die häufigen Registerangaben, Satzbezeichnungen oder Zitate in französischer Sprache. Nowowiejskis Orgelsymphonien sind große, in der Regel dreisätzige Werke von orchestraler Dimension und virtuosem Charakter, die jeweils bis zu 35 Minuten dauern. (Rudolf Innig)